Feste und Bräuche im Herbst ***

September/Oktober

Wenn die Erntezeit naht, werden wieder mehr Feste gefeiert. Das Fest der Kirchweih[1] oder Kirmes ist auch heute noch ein beliebtes Fest.[2] Jahrmärkte mit Karussells[3], Luftschaukeln, Schießbuden und Imbissbuden bestimmen das Bild. Die Volksfeste werden immer moderner, und man kann immer mehr Geld für die vielen Belustigungen ausgeben.

Das Erntedankfest, das meistens am ersten Oktobersonntag gefeiert wird, erinnert an unsere Abhängigkeit von den Jahreszeiten, von Regen und Sonne. An diesem Tag gilt der Dank Gott, der das Leben schenkt. Er hat alles, was uns umgibt, erschaffen und erhält es bis auf den heutigen Tag. Von ihm und seiner Güte[4] sind wir jeden Tag neu abhängig. Die Kirchen werden reich geschmückt mit Erntegaben, und man denkt auch an die, die wenig oder nichts zu essen haben. Viele der alten, ursprünglichen Erntebräuche gibt es heute nicht mehr. In manchen Gegenden finden noch Erntedankumzüge mit geschmückten Erntewagen statt. In der Alpenregion ist der Almabtrieb[5] eine Touristenattraktion geworden.

In den letzten Oktobertagen wird in manchen Gegenden Deutschlands, vor allem an Rhein und Mosel, der Wein geerntet. Menschen oder Maschinen ernten die Trauben, damit anschließend der Wein gekeltert[6] werden kann. In dieser Zeit finden an vielen Orten Weinfeste statt.

Der 31. Oktober ist in den östlichen Bundesländern ein Feiertag. Am Reformationstag erinnert man sich an den 31.10.1517, an dem Martin Luther seine 95 Thesen an die Schlosskirche in Wittenberg schlug.[7] Damit begann eine große Bewegung, die in ganz Deutschland und darüber hinaus große Veränderungen brachte. Luther rief die Kirche zurück zur frohen Nachricht der Bibel und die evangelische (protestantische) Kirche entstand. Luther machte deutlich, dass der Mensch allein durch Glauben an Gott und seinen Sohn Jesus Christus gerettet werden kann und nicht durch gute Werke. Durch sein Wirken veränderte sich die religiöse und politische Landschaft Deutschlands grundlegend.

In den letzten Jahren ist dem Reformationsfest eine starke Konkurrenz aus Amerika erwachsen. Immer mehr Menschen feiern das Halloween-Fest. Es ist ein sehr altes Herbstfest der Kelten. Sie glaubten, dass in dieser Nacht zum 1. November ein Todesfürst mit bösen Geistern zu den Menschen käme, um sie in sein Reich zu führen. Um ihn abzuschrecken, zogen die Kelten Furcht erregende Masken an und stellten viele Lichter auf. Zugleich legten sie öfter Nüsse und Früchte vor die Türe, um die „Dämonen[8]“ zu besänftigen. Die Kirche lehnte diesen Kult ab und führte im 9. Jahrhundert den 1. November als Fest „Allerheiligen“ ein. Davon leitet sich auch der Name Halloween ab: „All Hallows Eve„, Vorabend zu Allerheiligen.

Heute findet man zu dieser Zeit auch in Deutschland an vielen Häusern beleuchtete hohle Kürbisse, und Kinder gehen von Tür zu Tür, um Süßigkeiten zu erbetteln oder Streiche zu spielen. Es finden auch Partys statt, auf denen sich die Menschen als Hexen oder Geister verkleiden. Je mehr die Menschen Gott vergessen, um so mehr kommen die alten, heidnischen Feiern wieder zurück.

November

Der November erinnert uns daran, dass unser irdisches Leben vergänglich[9] ist. Dazu gibt es verschiedene Gedenktage.

Am 1. November feiert die katholische Kirche das Fest „Allerheiligen“ und am 2. oder 3. November das Fest „Allerseelen“. Sie denkt an ihre Heiligen und die verstorbenen Gläubigen. Auf den Friedhöfen werden die Gräber schön geschmückt und Grablichter angesteckt[10].

Am 11. November feiern die Kinder besonders in den katholischen Gegenden Deutschlands das Martinsfest. Es erinnert an den heiligen Martin, der mit seinem Schwert seinen Mantel teilte, um einem frierendem Bettler zu helfen. Mit vielen bunten Laternen, die sie vorher selber gebastelt haben, ziehen sie im Dunkeln durch die Straßen und singen Lieder. Den Zug führt ein als St. Martin verkleideter Reiter an. Am Ende des Zuges warten ein Martinsfeuer und oft auch eine mit vielen Süßigkeiten gefüllte Martinstüte auf die Kinder. Die Erwachsenen freuen sich in dieser Zeit auf die Martinsgans, einen schönen, gefüllten Gänsebraten.

Mit dem Buß- und Bettag[11], dem Volkstrauertag[12] und dem Totensonntag[13] neigt sich der November dem Ende zu. Danach beginnt die Advents- und Weihnachtszeit.

Der Artikel erschien in „Der Weg“ 3/2004

[1] alljährliches Fest zur Erinnerung an die Kirchweihe, oft in Verbindung mit dem Erntefest
[2] Früher feierte man es von Sonntag bis Montag oder Dienstag, in den Dörfern vor allen Dingen als Familienfest. Heute wird dieses Fest auch in den Städten gefeiert.
[3] das Karussell: ein großes, rundes Gestell mit hölzernen Pferden, kleinen Autos o.Ä., das sich im Kreis dreht, und auf dem man (mit)fahren kann
[4] die Güte: eine freundliche, großzügige Einstellung gegenüber anderen
[5] der Almabtrieb: das Abtreiben des Viehs im Herbst von der Alm (= eine Wiese im Hochgebirge, auf der im Sommer das Vieh weidet) in die Winterställe
[6] keltern: (Obst, bes. Weintrauben) in der Kelter (=ein Gerät, mit dem man den Saft aus Früchten (besonders Trauben) presst) [aus]pressen
[7] Er wollte damit auf falsche Dinge in der katholischen Kirche hinweisen und zur Diskussion darüber aufrufen.
[8] der Dämon: ein Wesen, das die Macht des Bösen verkörpert – Teufel
[9] vergänglich: so, dass es nur relativ kurze Zeit existiert
[10] anstecken: bewirken, dass etwas brennt – anzünden
[11] der Buß- und Bettag: ein Feiertag (der evangelischen Kirche), an dem die Gläubigen Buße tun und sich besinnen sollen
[12] der Volkstrauertag: nationaler Trauertag (am vorletzten Sonntag vor dem 1.Advent) zum Gedenken an die Gefallenen beider Weltkriege u. die Opfer des Nationalsozialismus.
[13] der Totensonntag (auch Ewigkeitssonntag): der Sonntag vor dem ersten Advent, an dem man sich besonders an die Verstorbenen erinnert (in der evangelischen Kirche)