Weihnachtsgedichte (Teil 4)

Gedichte zu Weihnachten und zur Winterzeit

Ich sehn´ mich so nach einem Land
der Ruhe und Geborgenheit
Ich glaub´, ich hab´s einmal gekannt,
als ich den Sternenhimmel weit
und klar vor meinen Augen sah,
unendlich großes Weltenall.
Und etwas dann mit mir geschah:
Ich ahnte, spürte auf einmal,
dass alles: Sterne, Berg und Tal,
ob ferne Länder, fremdes Volk,
sei es der Mond, sei´s Sonnnenstrahl,
dass Regen, Schnee und jede Wolk,
dass all das in mir drin ich find,
verkleinert, einmalig und schön
Ich muss gar nicht zu jedem hin,
ich spür das Schwingen, spür die Tön´
ein´s jeden Dinges, nah und fern,
wenn ich mich öffne und werd´ still
in Ehrfurcht vor dem großen Herrn,
der all dies schuf und halten will.
Ich glaube, dass war der Moment,
den sicher jeder von euch kennt,
in dem der Mensch zur Lieb´ bereit:
Ich glaub, da ist Weihnachten nicht weit!

Hermann Hesse

Winterpsalm

Es ist jetzt nicht die Zeit, um zu ernten.
Es ist jetzt nicht die Zeit, um zu säen.
An uns ist es, in winterlicher Zeit uns
eng um das Feuer zu scharen[1]
und den gefrorenen Acker
in Treue geduldig zu hüten.
Andere vor uns haben gesät,
andere nach uns werden ernten.
An uns ist es, in Kälte und Dunkelheit
beieinander zu bleiben und
während es schneit, unentwegt
wachzuhalten die Hoffnung.
Das ist es,
das ist uns aufgegeben
in winterlicher Zeit.

Lothar Zenetti

 

[1] scharen: sich versammeln