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Die Mecklenburgische Seenplatte ****

Die Mecklenburgische Seenplatte liegt rund 150 km nördlich von Berlin, im südlichen Teil Mecklenburg-Vorpommerns. Sie entstand in der Eiszeit vor ungefähr 12.000 Jahren und umfasst ein Gebiet von 5.469 km². 10 % dieser Fläche bestehen aus Kanälen, Flüssen und Seen, von denen der Müritzsee der größte ist. Neben Wasser prägen Wälder und Felder, Burgen und alte Gutshäuser[1] die Landschaft. In dem gesamten Gebiet wohnen 273.000 Menschen, d. h. 50 Personen/km², die geringste Bevölkerungsdichte Deutschlands.

Gebiet der Naturrekorde

Im Gebiet der Mecklenburgischen Seenplatte finden sich bei Ivenack Deutschlands älteste lebende Eichen. Ein ehrfürchtiges[2] Gefühl kann man bekommen, wenn man bei Lüttenhagen den Buchenwald besucht. Er ist fast 400 Jahre alt und wird „Heilige Hallen“ genannt, weil die hohen Baumkronen den Eindruck geben, in einer großen Kirche zu sein. Im Peenetal bei Dennim befindet sich Deutschlands größtes Niedermoorgebiet[3]. Nirgendwo in Deutschland gibt es so viele See- und Fischadler wie in diesem Seengebiet. Die einzigartige Natur wird im Nationalpark Müritz und in verschiedenen anderen Naturparks geschützt.

Allerlei Namen

„Mecklenburg“ bedeutet ursprünglich „große Burg“. Ein Dorf mit diesem Namen bei Wismar gab erst einer Fürstenfamilie, dann dem ganzen Gebiet seinen Namen.

Ein Besucher wird bemerken, dass viele Ortsnamen auf „-ow“ und „-itz“ enden. So gibt es z. B. Zierzow, Malchow, Krakow oder Hohenzieritz, Neustrelitz, Drewitz. Diese Orte gehen auf die Slawen[4] zurück, die ab dem 5. Jahrhundert dieses Gebiet besiedelten. Ab dem 12. Jahrhundert zogen deutsche Siedler hierher und gründeten Orte mit typisch deutschen Namen, die u. a. auf -berg, -burg oder -dorf enden.

Wismar (Bild: Der Weg - M. Arbter)

Ein Beispiel wäre Ludorf, wo sich die einzige achteckige Kirche Norddeutschlands befindet.

Städte

Die größte Stadt der Region ist die Hochschulstadt Neubrandenburg mit ungefähr 70.000 Einwohnern. Von hier wird der Landkreis „Mecklenburgische Seenplatte“ verwaltet. Bei einem Stadtrundgang entdeckt man kleine Häuser aus Fachwerk, die in die Stadtmauer gebaut und etwas höher als diese sind. Diese Häuser nennt man Wiekhäuser. Von ihnen aus schossen früher die Verteidiger der Stadt mit ihren Armbrüsten[5].

Wie ein achteckiger Stern formiert sich Neustrelitz um den Marktplatz. Die Stadt wurde 1733 als Fürstensitz angelegt. Eine Gedächtnishalle erinnert an Louise, eine der Fürstentöchter, die 1797 preußische Königin wurde.

Demmin gehörte dem Handelsbund der Hanse[6] an und war zeitweise eine sehr reiche Stadt. Eine Sage erzählt, dass unter einem Haus in der Stadt ein großer Schatz vergraben liege, den schon viele – erfolglos – zu finden versuchten.

In Güstrow befindet sich ein Dom, der im Stil der Backsteingotik erbaut wurde. Ernst Barlach (1870 – 1938), ein berühmter Künstler, der hier von 1910 bis zu seinem Tod lebte, schuf für den Dom die Bronzeplastik „Der Schwebende“. Sie soll an die Schrecken des Ersten Weltkrieges erinnern.

Tourismus

Waren (Müritz) gilt als Tourismuszentrum der Region. Gemeinsam mit Wesenberg ist die Stadt ein „Tor“ zum Nationalpark Müritz. Tourismus ist der größte Wirtschaftsfaktor in der Region, gefolgt von Landwirtschaft, Maschinenbau, Fahrzeugzulieferbetrieben und der Lebensmittelindustrie.

Gerade sportliebende Menschen kommen gern hierher. Das größte zusammenhängende Was-sersportrevier Europas lockt viele Wassersportler an. Für Leute, die gern Fahrrad fahren, bietet sich die „Eiszeitroute“ an, auf der man die von der Eiszeit geprägte Landschaft entdecken kann. Am Fleesensee befindet sich ein riesiges Golfgebiet. Wer lieber seine Ruhe haben möchte, findet in der wunderschönen Natur Orte zum Alleinsein. Die evangelische Kirche hat außerdem einen Pilgerweg eingerichtet, der dazu einlädt, sich beim Wandern auf Gott zu besinnen.

Wer sich bewegt, bekommt Hunger. Im Gebiet der Mecklenburgischen Seenplatte werden regionale Spezialitäten angeboten, wie z. B. Rapseis, Pflaumenwein, frisch geräucherte Wurst, fangfrischer Fisch, besondere Konfitüren oder Wein aus diesem nördlichsten Weinbaugebiet Deutschlands.

Sprache

Wie in den meisten Gebieten Norddeutschlands wird Plattdeutsch gesprochen, und zwar das mecklenburgische Platt. Viele jüngere Leute sprechen aber nur noch Hochdeutsch. Fritz Reuter war ein bekannter Mundartdichter der Region (1810 – 1874). „Wat bi ’ne Aewerraschung ’rute kamen kann“[7] ist eine lustige Weihnachtsgeschichte: „Wenn de schöne Wihnachtstid herankamm, denn was dat in unsern Hus’ en Lopen un Tuscheln un Flustern, en Heimlichdauhn un en Versteken; …“[8]

Religion

Im 18. Jahrhundert unterstützte Auguste zu Meck-lenburg Pastoren, die eine persönliche Vertrauensbeziehung zu Jesus predigten – im Gegensatz zu einem eher verstandesmäßigen Glauben der offiziellen Kirche. Es entstanden viele Kreise, wo Menschen zusammenkamen, um miteinander die Bibel zu lesen und zu beten. Nach über 40 Jahren Sozialismus in der DDR gehören heute nur noch 18 % der Gesamtbevölkerung Mecklenburgs der evangelischen und 3 % der katholischen Kirche an. Darüber hinaus versammeln sich auch Gläubige in verschiedenen Freikirchen und Gemeinschaften. Die Mehrheit der Menschen hat kein Interesse am christlichen Glauben. Es ist ein trauriger Rekord, dass Mecklenburg-Vorpommern eines der religionslosesten Gebiete der Welt ist.

Der Artikel erschien in „Der Weg“ 1/2012

 

[1] Gut = großer Bauernhof
[2] Ehrfurcht = Achtung, Verehrung, Scheu, Respekt
[3] Hochmoore sind auf Bergen, Niedermoore in Ebenen
[4] Volksgruppe aus Osteuropa
[5] Waffen, ähnlich wie Pfeil und Bogen
[6] der sich aus norddeutschen Städten wie Hamburg, Bremen, Lübeck und Wismar zusammensetzte
[7] Was bei einer Überraschung herauskommen kann
[8] Wenn die schöne Weihnachtszeit herankam, dann war das in unserem Haus ein Laufen und Tuscheln und Flüstern, eine Heimlichtuerei und ein Verstecken;… (gutenberg.spiegel.de/buch/1394/2)

Kirche in Wismar (Bild: Der Weg - M. Arbter)