Das Jahr 2008 und seine Folgen ****

Das Jahr 2008 war wie immer ereignisreich. Wir werden diesmal jedoch nicht chronologisch durch das Jahr gehen, sondern anhand der Wörter des Jahres[1] die wichtigsten Ereignisse noch einmal Revue passieren lassen.

Kaum ein Ereignis hat das Jahr 2008 so geprägt, wie die internationale Finanzkrise. Erst brach der Immobilienmarkt zusammen, dann die Banken, schließlich die ganze Wirtschaft. Der Ausdruck fasse die dramatische Entwicklung im Banken-, Immobilien- und Finanzsektor zusammen, teilte die Gesellschaft für deutsche Sprache zur Begründung für die Wahl als Wort des Jahres mit.

Demselben Zusammenhang entstammt der Ausdruck auf Rang 2: verzockt. Dieses Wort hat seinen Bedeutungsbereich erweitert und wurde immer wieder kritisch auf das Vorgehen der Bankmanager bezogen, die hoch riskante und spekulative Geldgeschäfte betrieben haben (darum die Wahl der Perfektform „verzockt“ anstatt des Infinitivs „verzocken“).

Millionen von Kundendaten der Telekom – und nicht nur diese – befinden sich in fremdem Besitz. Diese Nachricht schockte 2008 die Deutschen. Sicher geglaubte Informationen kursierten auf dem Schwarzmarkt und wurden eifrig von Datenhändlern feilgeboten. In den vergangenen Monaten waren mehrere „Datenpannen“ zu verzeichnen. Darum war der Gesellschaft für Deutsche Sprache das Wort „Datenklau“ den Platz 3 auf der Liste der Wörter des Jahres wert.

2009 gibt es Neuwahlen in Hessen. 2008 gab es „hessische Verhältnisse„: Andrea Ypsilanti wollte sich von den Linken tolerieren lassen, obgleich sie es anders versprochen hatte. Nach ihrem Wortbruch regierte Roland Koch kommissarisch weiter – ohne Mehrheit. Nach langem Hin und Her scheiterte Ypsilanti an der eigenen Partei. Platz 4 auf der Liste der Wörter des Jahres.

Umweltzone (Rang 5): Dies ist ein in manchen Städten eingerichteter Bereich der Innenstadt, den man mit seinem Auto nur befahren darf, wenn es bestimmten Abgas- und Feinstaubwerten genügt und eine entsprechende Plakette trägt.

Der Ausdruck multipolare Welt (Rang 6) drückt die Entwicklung der internationalen Kräfteverhältnisse aus. Es dominieren nicht mehr nur eine oder zwei Supermächte, sondern es gibt heute mehrere Zentren, das heißt mehrere (eigentlich „viele“) Pole.

Ein Sturm der Entrüstung fegte durch Europa, als sich das europäische Parlament im Oktober dieses Jahres mit der Frage befasste, ob die sogenannten „Nackt“- oder „Bodyscanner“ in eine Liste möglicher Sicherheitsmaßnahmen an europäischen Flughäfen aufgenommen werden sollen. In den Vereinigten Staaten, Amsterdam, London und Zürich sind die Geräte bereits im Einsatz. Die Deutschen werden sich jedoch nicht bis auf die Unterhose durchleuchten lassen müssen: Die Bundesregierung schloss den Gebrauch der Nacktscanner aus.

Nicht nur über der Commerzbank musste die deutsche Bundesregierung einen Rettungsschirm aufspannen. Auch andere in der Finanzkrise ins Schlingern geratene Banken wie die Hypo Real Estate nahmen Hilfen aus dem staatlichen Rettungsfonds in Anspruch. Der Fonds erwartet, dass noch viele weitere folgen werden.

Rettungsschirm (Rang 8) ist wie „Rettungspaket“ die bildhafte Bezeichnung der staatlichen Finanzhilfen für in der Krise befindliche Banken und Unternehmen.

Wer mit Frühling bislang Kirsch- oder Apfelblüten assoziierte, wurde 2008 eines besseren belehrt: Das Wort „Bildungsfrühling“ beschreibt die Hoffnung, dass angekündigte Initiativen von Bund und Ländern für die finanziell und personell schlecht ausgestatteten Bildungseinrichtungen spürbare Verbesserungen bringen.

Mit seinem Ausspruch „Yes we can[2]“ traf Barack Obama ins Herz der Amerikaner: Der kernige[3] Wahlkampfslogan verhalf ihm zum Einzug ins Weiße Haus und wurde weltweit zu einem geflügelten Ausspruch. Auch sein zweiter Wahlspruch „Change we need[4]“ erfreute sich außerordentlicher Beliebtheit.

(Neben diesen wichtigen Ereignissen, sollten wir auch die sportlichen Großereignisse nicht aus den Augen verlieren! Da war einmal die Fußball-Europameisterschaft, in der Deutschland Vize-Europameister wurde. Und auch die Sommerolympiade in China verlief für die Deutschen Sportler nicht so schlecht. Insgesamt schnitt die deutsche Mannschaft mit 16 Gold-, 10 Silber- und 15 Bronzemedaillen und Platz 5 im Medaillenspiegel besser ab als in Athen 2004.)

Der Artikel erschien in „Der Weg“ 1/2009

 

[1] Die Wörter des Jahrs werden jedes Jahr von der Gesellschaft für deutsche Sprache (Wiesbaden) gesammelt und veröffentlicht. Dabei werden Wörter und Ausdrücke aufgenommen, die die öffentliche Diskussion des Jahres besonders bestimmt haben, die für wichtige Themen stehen oder sonst als charakteristisch erscheinen. Es geht nicht um Worthäufigkeiten, sondern um eine sprachliche Chronik des zu Ende gegangenen Jahres.
[2] Ja, wir können es (schaffen)!
[3] fest u. kraftvoll; urwüchsig, markig
[4] Wir brauchen (einen) Wechsel!