Die Oberammergauer Passionsfestspiele***(*)

Das Spiel vom Leiden, Sterben und Auferstehen des Herrn Jesus Christus

Die Geschichte der Passionsspiele beginnt bereits im Jahr 1633. Mitten im Dreißigjährigen Krieg, nach monatelangem Leiden und Sterben an der Pest, gelobten die Bewohner des kleinen Dorfes Oberammergau (Oberbayern), alle zehn Jahre das Leiden, Sterben und Auferstehen Jesu auf einer Bühne darzustellen.

Seit diesem Schwur ist laut Dorfchronik kein einziger Dorfbewohner mehr an der Pest gestorben. Und so wird das Passionsgeschehen seit 1634 alle zehn Jahre aufgeführt. Gespielt wird von Mai bis Oktober, an vier Tagen in der Woche. Von den etwa 5000 Bewohnern des Ortes sind etwa 2400 in das Spiel einbezogen als Darsteller, Musiker oder im Chor. Die erste Bühne im Jahr 1634 befand sich auf dem Friedhof über den frischen Gräbern der Pesttoten.

Im Jahr 2010 führt die Gemeinde Oberammergau das Passionsgeschehen unter dem Titel „Das große Opfer auf Golgatha“ zum 41. Mal auf. Das Spiel zeigt die Leidensgeschichte Jesu, die mit dem Einzug in Jerusalem beginnt und mit seiner Auferstehung endet. Jesus kommt in die jüdische Welt hinein, die unter der römischen Fremdherrschaft zu leiden hatte und voller Sehnsucht auf den Messias wartete, der den Juden Frieden und Gerechtigkeit bringen sollte. So auch die Jünger Jesu: „Wir aber hofften, er (Jesus) sei es, der Israel erlösen würde“ (Lukas 24). Aber Jesus ist in die Welt gekommen, um die Menschen mit Gott zu versöhnen durch seinen Tod am Kreuz. Er sagt zu seinen Jüngern: „Wer mich sieht, der sieht den, der mich gesandt hat. Ich bin in die Welt gekommen als ein Licht, damit, wer an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibt. Ich bin nicht gekommen, dass ich die Welt richte, sondern dass ich die Welt rette. Denn der Vater, der mich gesandt hat, der hat mir ein Gebot gegeben, was ich sagen und reden soll. Und ich weiß, sein Gebot ist das ewige Leben“ (Johannes 12).

Für die Juden gab es die Weisungen Gottes und es gab die Gebote der römischen Besatzungsmacht, die sie unterdrückte und ihnen hohe Steuern abverlangte. Der Hohe Rat der Juden sah seine Aufgabe darin, sich mit dem römischen Kaiser gut zu stellen, um Verderben vom Volk abzuwenden. Der erste Höhepunkt im Passionsspiel ist die Szene, wo Jesus sich am Abend vor seiner Kreuzigung mit seinen zwölf Jüngern zu Tisch setzt, um mit ihnen das Passahmahl zu essen.

Jesus sagt: „Ich habe mich sehr danach gesehnt, dieses Passahmahl mit euch zu essen, ehe ich leiden muss.“ Und er nahm den Kelch, dankte und sprach: „Nehmet hin und trinkt alle daraus, denn ich werde erst wieder Wein trinken, wenn Gott sein Werk vollendet hat. Dieser Becher ist der neue Bund Gottes, besiegelt mit meinem Blut, das für euch vergossen wird.“ Dann nahm er Brot, brach es in Stücke und reichte es ihnen mit den Worten: „Das ist mein Leib, der für euch geopfert wird. Tut das zu meinem Gedächtnis.“ Das nächste Bild zeigt Jesus vor seiner Festnahme am Ölberg. Jesus kniet nieder und betet, während die Jünger schlafen. „Vater, wenn du willst, erspare mir diesen Leidenskelch. Aber dein Wille soll geschehen, nicht meiner“ (Lukas 22). Die Handlung geht dem Höhepunkt entgegen. Jesus wird gefangen genommen, vom Volk verspottet, geschlagen und vor den jüdischen Rat geführt. Pilatus fragt ihn: „Du bist also der Sohn Gottes?“ Jesus antwortet: „Ihr sagt es selbst, dass ich es bin.“. Die Menschenmenge tobt: „Kreuziget ihn!“ Darauf wird Jesus zur Hinrichtungsstätte nach Golgatha geführt. Jesus am Kreuz ist wohl die erschütterndste Szene des Passionsspiels, seine Worte unter Todesqualen: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Lukas 32). Und schließlich sein Sterben: „Es ist vollbracht!“ Das Passionsspiel endet mit der Auferstehung Jesu am Ostermorgen. Im Neuen Testament wird dieses einmalige Ereignis mit den Worten bezeugt: „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist auferstanden. Erinnert euch an das, was er euch in Galiläa gesagt hat: Der Menschensohn wird den Feinden Gottes ausgeliefert und ans Kreuz genagelt, aber am dritten Tag wird er auferstehen“(Lukas 24).

Alle zehn Jahre erleben Zehntausende von Besuchern aus aller Welt dieses bewegende und erschütternde Geschehen während einer Aufführung im Festspielhaus in Oberammergau. Blick zur Oberammergauer Pfarrkirche Kruzifix vor dem Pilatushaus Oberammergauer Passionstheater

Der Artikel erschien in „Der Weg“ 3/2010